Delphine

[558] Jene Wirklichen, die ihrem Gleichen

überall zu wachsen und zu wohnen

gaben, fühlten an verwandten Zeichen

Gleiche in den aufgelösten Reichen,

die der Gott, mit triefenden Tritonen,

überströmt bisweilen übersteigt;

denn da hatte sich das Tier gezeigt:

anders als die stumme, stumpfgemute

Zucht der Fische, Blut von ihrem Blute

und von fern dem Menschlichen geneigt.


Eine Schar kam, die sich überschlug,

froh, als fühlte sie die Fluten glänzend:

Warme, Zugetane, deren Zug

wie mit Zuversicht die Fahrt bekränzend,

leichtgebunden um den runden Bug

wie um einer Vase Rumpf und Rundung,

selig, sorglos, sicher vor Verwundung,

aufgerichtet, hingerissen, rauschend

und im Tauchen mit den Wellen tauschend

die Trireme heiter weitertrug.


Und der Schiffer nahm den neugewährten

Freund in seine einsame Gefahr

und ersann für ihn, für den Gefährten,

dankbar eine Welt und hielt für wahr,

daß er Töne liebte, Götter, Gärten

und das tiefe, stille Sternenjahr.

Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 558-559.
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