Der Gesetzgeber

[23] Der Adler wollte reformieren

Und schaffte die Polygamie

Bey dem gesammten Federvieh

Auf einmal ab. Den armen Thieren

Mißfiel die strenge Polizey,

Zumal dem Hahn. Er trat herbey,

Um feyerlich zu protestieren,

Und von des Königs Majestät

An die Natur zu appellieren.

Er schlug mir Macht, wie ein Prophet,

Dem neuen Solon ans Gewissen,

Und sprach mit sanfter Energie

Von seiner Weiber Harmonie.

Hier ward der Sultan hingerissen.

Wohlan, ich kann nicht widerstehn,

Rief er, ich muß dein Harem sehn.

Er folgt ihm huldreich aus dem Hayne

In einen Hof. Der Patriarch[24]

Lockt seinen Hennen. Der Monarch

Verschlang sie alle bis auf eine

Und sprach mit höhnischem Gesicht:

Es ist des weisen Fürsten Pflicht

Den Unterthan vor den Gefahren

Des Ungehorsams zu bewahren.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 23-25.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Fabeln und Erzählungen
Politische Fabeln und Erzählungen in Versen
Fabeln Und Poetische Erzählungen, Volume 2 (German Edition)
Fabeln Und Poetische Erzählungen, Volume 1 (German Edition)