Die Engel

[380] Sie haben alle müde Münde

und helle Seelen ohne Saum.

Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)

geht ihnen manchmal durch den Traum.


Fast gleichen sie einander alle;

in Gottes Gärten schweigen sie,

wie viele, viele Intervalle

in seiner Macht und Melodie.
[380]

Nur wenn sie ihre Flügel breiten,

sind sie die Wecker eines Winds:

als ginge Gott mit seinen weiten

Bildhauerhänden durch die Seiten

im dunklen Buch des Anbeginns.


Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 380-381.
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[DAS BUCH DER BILDER] by (Author)Rilke, Rainer Maria on Nov-01-09