2.

[30] Nieder trägt der warme Föhn

Der Lauine fern Getön,

Hinter jenen hohen Föhren

Kann den dumpfen Schlag ich hören.


In des Lenzes blauen Schein

Aus der Scholle dunkelm Schrein

Drängt und drückt das neue Leben,

Lüftet Kleid und Decken eben –


Von derselben Kraft und Lust

Wächst das Herz mir in der Brust,

Heute kann es noch sich dehnen

Mit den Liedern, mit den Tränen!


Aber blauen wird ein Tag,

Da sich's nicht mehr dehnen mag –

Mit den Veilchen, mit den Flöten

Kommt mich dann der Lenz zu töten.


Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 30.
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