Ich danke dir mit Freuden

[332] (Sir. 51)


1.

Ich danke dir mit Freuden,

Mein König und mein Heil,

Daß du manch schweres Leiden,

So mir zu meinem Teil[332]

Oft häufig zugedrungen,

Durch deine Wunderhand

Gewaltig hast bezwungen

Und von mir abgewandt.


2.

Du hast in harten Zeiten

Mir diese Gnad erteilt,

Daß meiner Feinde Streiten

Mein Leben nicht ereilt,

Wenn sie an hohen Orten

Mich, der ichs nicht gedacht,

Mit bösen falschen Worten

Sehr übel angebracht.


3.

Wenn sie wie wilde Leuen

Die Zungen ausgestreckt

Und mich mit ihrem Schreien

Bis auf den Tod erschreckt,

So hat denn dein Erbarmen,

Das alles lindern kann,

Gewaltet und mir Armen

Den treusten Dienst getan.


4.

Sie haben oft zusammen

Sich wider mich gelegt

Und wie die Feuerflammen

Gefahr und Brand erregt:

Da hab ich denn gesessen

Und Blut vor Angst geschwitzt,

Als ob du mein vergessen,

Und hast mich doch geschützt.


5.

Du hast mich aus dem Brande

Und aus dem Feur gerückt,

Und wenn der Höllen Bande[333]

Mich um und um bestrickt,

So hast du auf mein Bitten

Dich, Herr, zu mir gesellt

Und aus des Unglücks Mitten

Mich frei ins Feld gestellt.


6.

Den Kläffer, der mit Lügen

Gleich als mit Waffen kämpft

Und nichts kann als betrügen,

Den hast du oft gedämpft;

Wenn er, gleich einem Drachen,

Das Maul hoch aufgezerrt,

So hast du ihm den Rachen

Durch deine Kraft gesperrt.


7.

Ich war nah am Verderben,

Du nahmst mich in den Schoß;

Es kam mit mir zum Sterben,

Du aber sprachst mich los

Und hieltest mich beim Leben

Und gabst mir Rat und Tat,

Die sonst kein Mensch zu geben

In seinen Mächten hat.


8.

Es war in allen Landen,

So weit die Wolken gehn,

Kein einzger Freund vorhanden,

Der bei mir wollte stehn;

Da dacht ich an die Güte,

Die du, Herr, täglich tust,

Und hub Herz und Gemüte

Zur Höhe, da du ruhst.


9.

Ich rief mit vollem Munde,

Du nahmest alles an[334]

Und halfst recht aus dem Grunde

So, daß ichs nimmer kann

Nach Würden gnugsam loben:

Doch will ich Tag und Nacht

Dich in dem Himmel droben

Zu preisen sein bedacht.

Quelle:
Paul Gerhardt: Dichtungen und Schriften, München 1957, S. 332-335.
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